Die nach Schließung der Wahllokale um 23 Uhr MESZ veröffentlichten Hochrechnungen der britischen Fernsehanstalten gaben Labour 410 der 650 Unterhaussitze und den Tories nur noch 131 Sitze – das schlechteste Ergebnis in der Geschichte der Partei. Damit hätte die Labour Party ihre Sitzzahl gegenüber den Wahlen von 2019 praktisch verdoppelt und im neuen Parlament nahezu eine Zweidrittel-Mehrheit erreicht.

So sich die Exit Polls bestätigen, hat die zuletzt von Rishi Sunak geführte Konservative Partei, die 14 Jahre lang die Regierung stellte, damit eine der schlimmsten Niederlagen ihrer Geschichte erlebt. Sunak wird noch am Freitag sein Amt als Premierminister abgeben müssen. Er hatte im Mai, auf einem Tiefpunkt seiner Popularität, selbst die eigene Partei mit seiner unerwarteten Ausrufung der Wahlen schockiert.

An seine Stelle wird nun, als neuer Regierungschef für die Labour Party, deren Vorsitzender Sir Keir Starmer treten. Starmer darf erwarten, ebenfalls am Freitag von König Charles III. zum Premier ernannt zu werden und in die 10 Downing Street einzuziehen. Eine Ablösung dieser Art wird in London meist sehr schnell vollzogen, weil im Normalfall keine Koalitionen erforderlich sind.

Die Konservativen, die bei den letzten Wahlen, im Dezember 2019, unter Boris Johnson noch auf 365 Sitze gekommen waren, werden nun offenbar mit kaum mehr als einem Drittel dieser Mandate auskommen müssen. Der Partei wurde ein bitterer interner Machtkampf und von manchen Beobachtern sogar die baldige Spaltung vorausgesagt.

Von den kleineren Parteien nahmen auch die Liberaldemokraten, eine gemäßigt-progressive Partei, den Tories reihenweise Stimmen und Wahlkreise ab. Sie erhöhten laut Exit Polls ihre Sitzzahl von elf auf 61.

13 Sitze für Rechtspopulisten, zwei für Grüne

Der rechtspopulistischen Partei Reform UK – der früheren Brexit Party – sagten die Hochrechnungen 13 Sitze voraus. Das wäre erheblich mehr, als man erwartet hatte. Die Partei wird vom Alt-Brexiteer Nigel Farage geführt, der sich Donald Trump eng verbunden fühlt.

Nur zwei Sitze soll die Partei der britischen Grünen verbucht haben. Die Schottische Nationalpartei (SNP), die immer nur in Schottland antritt, verlor ihrerseits erheblich. Ihr gaben die Hochrechnungen nur noch 10 Mandate statt 48. Die SNP hat in den letzten Jahren viel an Wählersympathien verloren, insbesondere nachdem die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon und ihr Mann verhaftet wurden im Zusammenhang mit möglichem Finanzbetrug.